Kinaesthetics in der Erziehung Kinaesthetics in der Erziehung

Das Programm „Kinaesthetics in der Erziehung“ befasst sich mit der Frage, welche Bedeutung die Entwicklung von Bewegungskompetenz in der Erziehung hat. Es richtet sich an Personen, die in einem familiären oder beruflichen Rahmen eine Erziehungsaufgabe erfüllen.

Neugeborene Kinder benötigen aufgrund ihrer Entwicklungssituation naturgemäß Unterstützung und Beeinflussung durch erfahrenere Menschen. Kinder sind darauf angewiesen, dass jemand für alles Lebensnotwendige, wie z. B. Nahrung, Hygiene oder der Temperatur angepasste Kleidung, sorgt. Ebenso sehr sind sie in ihrer gesamten Entwicklung auf Beziehungen mit anderen Menschen angewiesen. Dabei spielen die spezifischen Beziehungen zu ihren Erziehenden eine zentrale Rolle.

Oft wird Erziehung nur dann thematisiert, wenn sie nicht wunschgemäß verläuft. Man spricht von Erziehung, wenn ein Kind die Erwartungen der Erziehenden nicht erfüllt (z. B. stiehlt oder lügt) oder wenn die Erziehungsleistungen eines Erwachsenen durch Freunde, Nachbarn oder Behörden infrage gestellt werden. Erziehung befasst sich aber mit viel grundsätzlicheren und allgemeineren Inhalten. Durch Erziehung unterstützen Bezugspersonen Kinder darin, selbstständig zu werden. Dazu gehören die Entwicklung eines differenzierten Selbstbewusstseins, die kreative Bewältigung von Herausforderungen sowie ein verantwortungsbewusstes Lern-, Gesundheits- und Sozialverhalten.

Kinder lernen all dies in ihrem Alltag, der von gewöhnlichen Aktivitäten wie Kleiderwechseln, Trinken und Essen, Spielen, Führen von Gesprächen usw. geprägt ist. Solche Aktivitäten sind immer an Bewegung gekoppelt. Entsprechend geht Kinaesthetics davon aus, dass die Entwicklung der Bewegungskompetenz die Grundlage für die Entwicklung aller menschlichen Kompetenzen und Fähigkeiten bildet.

Kinder entwickeln ihre Bewegungskompetenz hauptsächlich durch den Kontakt mit ihren Bezugspersonen. Vor allem in den ersten Lebensjahren sind diese Interaktionen von Berührung und Bewegung geprägt. Wie man ein Kind anfasst, wie man sich mit ihm zusammen bewegt oder welche (Bewegungs-)Spielräume man ihm bietet, hat einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung seiner Bewegungs- und Verhaltensmuster. Bei älteren Kindern steht der Körperkontakt weniger im Vordergrund. Dennoch spielt die Auseinandersetzung mit der Bewegung während der ganzen Erziehungszeit eine wichtige Rolle, da Interaktionsprozesse immer auch Bewegungsprozesse sind.

Vor diesem Hintergrund versteht Kinaesthetics Erziehung als ständige Interaktionsprozesse zwischen Kind und Bezugspersonen. Es geht dabei um die Wechselbeziehung zwischen autonomen, aktiven PartnerInnen, die sich gegenseitig beeinflussen, jedoch nicht direkt steuern können. Eine Bezugsperson kann z. B. nicht bestimmen, dass ein Kind schlafen soll; es kann nur von sich aus einschlafen. Dennoch hat die Art und Weise, wie die Bezugsperson sich bewegt, wenn sie das Kind zum Schlafen hinlegt, einen Einfluss darauf, wie gut es einschlafen kann. An diesem Beispiel zeigt sich, dass die Bewegungskompetenz der Erziehenden von großer Bedeutung ist.

In „Kinaesthetics in der Erziehung“ lernen Personen mit einer Erziehungsaufgabe, die Achtsamkeit und Aufmerksamkeit auf die eigene Bewegung und das eigene Verhalten zu lenken. Die daraus entstehende Sensibilität und Anpassungsfähigkeit erweitert ihren Gestaltungsspielraum in alltäglichen Erziehungsinteraktionen. Dadurch lernen sie, Kinder gezielt, vielfältig und an ihre Entwicklung angepasst zu begleiten.